Sehen muss gelernt werden
Sehschulen befassen sich mit der Beurteilung und Behandlung von Sehstörungen, vor allem aus dem Bereich der Fehlstellungen der Augen (Strabismus).
Aber auch Sehschwächen und Augenzittern fallen in den Arbeitsbereich von Sehschulen. Diese unterschiedlichen Erkrankungen sind nicht nur auf Kinder und Jugendliche beschränkt.
Kinder ab dem 2. Lebensjahr sollten zumindest einmal vom Augenarzt untersucht werden, um irreparable Schäden rechtzeitig zu behandeln.
Erste Hinweise auf Störungen können z. B. sein, wenn Ihr Kind an Objekten vorbeigreift, häufig stolpert, sehr viel mit den Augen zwinkert, Lesestörungen oder generell eine Unlust am Lesen hat. Falls Sie glauben, Anzeichen für eine Sehstörung bei sich oder Ihrem Kind erkannt zu haben, setzen Sie sich bitte umgehend mit einem Augenarzt in Verbindung.
Je früher das Schielen und die Sehschwäche entdeckt und behandelt werden, umso erfolgreicher können Dauerschäden vermieden werden! Die Gefahr, dass eine Sehschwäche zu spät erkannt wird, ist bei Kindern mit auffälligen Schielwinkeln gering. Leider sind die kaum sichtbaren, nicht auffälligen Schielabweichungen mit Sehschwäche eines Auges in der Mehrzahl und werden meist zu spät entdeckt.
Vereinbaren Sie daher frühzeitig einen Beratungstermin bei einem unserer Augenärzte in Karlsruhe.
Als Sehschwäche (Amblyopie) bezeichnet man eine verminderte Sehfähigkeit an einem Auge, das in der frühen Kindheit nicht in den Sehprozess einbezogen wurde. Dieses Auge konnte deshalb keine optimale Sehfähigkeit erlernen. Diese Situation liegt häufig bei Patienten mit einem schielenden oder einem sehr kurzsichtigen Auge vor sowie bei einseitigen Hornhautverkrümmungen oder Linsentrübungen.
Im Erwachsenenalter ist eine Besserung der Sehschärfe nicht mehr möglich. Die Sehinformation dieses Auges wurde vom Gehirn ausgeblendet, und wichtige Nervenverbindungen konnten sich nicht aufbauen. Die Behandlung des betroffenen Auges muss deshalb unbedingt im Kleinkindalter erfolgen.
Das gut sehende Auge wird mit einer Folie abgeklebt und das schlecht sehende Auge damit gezwungen, seine Funktionen zu übernehmen. In der Folge können sich im Gehirn so die Nervenverbindungen ausbilden, die zur Sehschärfeentwicklung notwendig sind.
Man muss sich die Augen als kleine kugelförmige Fotoapparate vorstellen, die beweglich in unserem Gesicht eingebaut sind. Jede der beiden “Kameras” wird von sechs schmalen Muskeln in der knöchernen Augenhöhle gelenkt. Diese Muskeln sind außen am Augapfel angewachsen und bewegen das Auge wie Zügel, die ein Pferd lenken, nach rechts, nach links, nach oben, nach unten.
Nerven im Gehirn, die teilweise vom Bewusstsein oder unbewusst automatisch kontrolliert werden, geben den Muskeln Kommandos für die Augenbewegungen. Sehr vereinfacht: Alle Gegenstände, die wir sehen, werden von den beiden “Kameras” aufgenommen. Es entsteht je ein Bild im rechten und im linken Auge. Beide Bilder verarbeitet das Gehirn zu einem einzigen. Erst dadurch sehen wir plastisch.
Je näher irgendein Gegenstand an unsere Nase rückt, desto mehr bewegen sich auch unsere Augen einwärts zur Nase hin. Es strengt an, einen Gegenstand längere Zeit so kurz vor dem Gesicht zu haben. Man ermüdet dabei. Die starke Einwärtsstellung der Augen lässt nach, und plötzlich sieht man doppelt. Die beiden Augen-Kameras arbeiten nicht mehr synchron.
Die Folge: Das Gehirn kann die beiden verschiedenen Fotos nicht mehr zu einem einzigen verschmelzen.
Auf dem Bildschirm im Gehirn erscheint nunmehr ein Doppelbild. Dass wir im täglichen Leben normalerweise nicht doppelt sehen, verdanken wir einer besonderen Kontrolleinrichtung im Gehirn, die dauernd unsere Blickrichtung überwacht und über unsere Augenmuskeln die beiden Kameras stets richtig einstellt.
Ein Kind, dessen eines Auge durch einen angeborenen Fehler schwachsichtig ist, kann im Gehirn die beiden Bilder aus seinen Augen nicht verarbeiten, weil es nur ein Bild aus dem gesunden Auge hat. Das schwachsichtige Auge fotografiert nicht mit. Es wird nicht mitbenutzt und rutscht in Schiefstellung – es schielt.
Oder das Auge eines Kindes kann von Geburt an hochgradig kurz- oder weitsichtig (übersichtig) sein oder hat eine Hornhautverkrümmung. Ohne ein vorgesetztes Brillenglas sieht es schlecht und lässt sich nur sehr schwer vom Gehirn mit dem anderen gesunden Auge zu gemeinsamer Arbeit zusammenspannen. Früher oder später kann es anfangen zu schielen. Das Kind benutzt zum Sehen nur noch sein gesundes Auge.
Auch gesunde Augen können durch Erkrankungen der Augenmuskeln in eine Schielstellung wandern. Es ist oft nicht möglich, den genauen Grund für das Schielen anzugeben.
Jedes schielende Kind, das nicht frühzeitig zum Augenarzt kommt, wird später bei der Berufswahl Schwierigkeiten haben, denn ihm fehlt die Fähigkeit, plastisch zu sehen. Schieler sind darum erhöht unfallgefährdet. Aus seelischem Kummer über ihr Leiden werden sie häufig zu Außenseitern.